Parteiengezänk um die Zuwanderung Verblendung und Versagen

Friedrich Merz (Fraktionsvors. CDU) im Bundestag zum geplanten Zuwanderungsgesetz

Die Abstimmungsklamotte im Bundesrat - Würdelosigkeit als Kunstform

Was Systempolitiker so daherreden

Pluralismus oder totalitäres Wahrheitsmonopol?


Friedrich Merz (CDU) zum geplanten Zuwanderungsgesetz

Ich gehöre nicht zu den Bewunderern des Friedrich Merz. Dazu ist er mir zu sehr ein Kind des Bonn-Berliner Parteiensystems, zu sehr Exponent eines Staates, von dem es in der schonungslosen Analyse des Staatsrechtlers Hans Herbert von Arnim ("Staat ohne Diener", Kindler 1993) etwa heißt:

"... Die Kritik am deutschen Parteiensystem gründet sich im wesentlichen auf vier Punkte: die Entmün-
digung der Bürger, das Unterlaufen der Gewaltenteilung, die mangelnde Problemlösungskompetenz bei gleichzeitiger Ausbeutung der staatlichen Institutionen und Finanzen."

Und: "... Die politischen Parteien halten also sämtliche Stabs- und allmählich auch immer mehr Linien-
stellen im Staat (und zunehmend auch in der Gesellschaft) besetzt. Sie stehen hinter allen Staatsorga-
nen, konstituieren letztlich den Staat und zwingen allen seinen Teilen ihre Gesetzlichkeit auf."

Und: "... So sind auch die Selbstbedienungsskandale der letzten Zeit Symptome einer viel grundlegen-
deren strukturellen Krise: Das Gemeinwohl zieht gegenüber den schlagkräftigen Interessen einzelner
und ihrer Gruppierungen schon lange den kürzeren. Die Politik versagt bei der Lösung dringender Sach-
fragen, indem sie sie provisorisch verkleistert und damit die Zukunft mit schweren Hypotheken belastet."

Also: keine Sympathie und wenig Respekt. Aber es scheint mir ein Gebot der pragmatischen Vernunft
zu sein, getreu Lenins berühmtem Dictum über die "nützlichen Idioten" auch zwischen den politischen Gegnern unter dem Nützlichkeitsaspekt zu differenzieren. Das gilt für die laufende Auseinandersetzung der Berliner Parteien, das gilt auch für die von den Systemparteien aus nur zu durchsichtigen Gründen als radikal oder extremistisch stigmatisierten Randgruppen. (Mehr dazu weiter unten.)

Merz' Rede während der Bundestagsdebatte ist mit Sicherheit, auch wenn man von den zahllosen Stö-
rungen absieht, kein Meilenstein parlamentarischer Rhetorik. Aber sie faßt die wichtigen Kritikpunkte zusammen und warnt vor den Folgen der trickreich versteckten Bestimmungen. Sie zeigt die Unredlich-
keit, die hinter dem Gesetzestext verborgen ist: Der Vorschlag der CDU/CSU, die Ausnahmerege-
lungen so zu präzisieren, daß wenigstens ein weiterer Massennachzug verhindert wird, wur-
de kategorisch abgelehnt. Womit eigentlich auch für den Dümmsten klar sein dürfte, daß die vorgebliche Kompromißbereitschaft der Koalition ein Betrugsmanöver war.

Die Rede beleuchtet auch die Wirklichkeit eines ziemlich auf den Hund gekommenen deutschen Parla-
mentarismus: 140 Änderungsanträge, null Vorbereitungszeit für die Opposition, zwei Stunden Ausspra-
che, das heißt: mit der Geschäftsordnung voll unter die Gürtellinie des Gegners. Was Bundesregierung und rot-grüne Fraktionen hier demonstriert haben, zum wiederholten Male demonstriert haben, ist schon nicht mehr Arroganz, sondern Frechheit.
Andererseits sind auch manche Details aufschlußreich für den verlorengegangenen Wirklichkeitsbezug unserer Parlamentarier: Hatte der Mann nichts Besseres zu tun, als sich minutenlang über Schilys Verspätung, Schröders Abwesenheit oder die Einbeziehung der PDS auszulassen wie ein petzender Schüler? Der neue Bundestagsbau ist ein gutes Symbol der Situation: Zwischen den Volksvertretern
und der Außenwelt – unserer Welt –: sehr viel Glas.

Sodann der Ton, der bei dieser Regierungskoalition die Musik macht: Die berühmte Achtundsechziger-
Revolution war in der Hauptsache eine über Jahre ausgedehnte Klamaukveranstaltung vor dem Hinter-
grund einer Massenpsychose. Ihre Vertreter und der Nachwuchs haben zwar Parka und Palästinenser-
feudel gegen zivilere Kleidung getauscht. Aber die in den Hörsälen bewährte Tradition, Diskussionen durch Pöbeln und Randale für sich zu entscheiden, wird immer noch hochgehalten.
Bei den eigenen Reden dominiert dann das Staatsmännische, Epochenprägende: Die grüne Ausländer-
beauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, zeigte sich überdies schon ein paar Tage vor der Debatte von sprühender Intellektualität: Sagt die Frau doch tatsächlich (sinngemäß): "Wir haben ja nur deshalb so viele Ausländer, weil sie nicht eingebürgert werden". Ein echtes Highlight "emotionaler Intelligenz", gell? Auch schon ganz Elder Stateswoman: Kerstin Müller von den Grünen ganz von oben herab, bei ihrer großen Bundestagsrede. – Gibt es eigentlich triumphierende Haselmäuse?

Und schließlich das Schlimmste: Die Unaufrichtigkeit der CDU (weniger der CSU) in dieser gnadenlos instrumentalisierten Zuwanderungsdebatte wird in jedem Satz des Friedrich Merz deutlich: Da wird über das Nachzugsalter lamentiert, so als ob die 10.000 mehr oder weniger den Kohl noch fett machten. Weder die CDU noch ihren Fraktionsvorsitzenden interessiert, daß "Bürgerkriegsflüchtlinge", in deren Ländern gar kein Bürgerkrieg mehr herrscht, nur einen Platz haben: im Flugzeug. Kein Wort darüber,
daß es die Aufgabe einer halbwegs verantwortungsbewußten deutschen Innenpolitik wäre, mehrere Millionen Sozialschmarotzer samt ihrem Anhang umgehend an die frische Luft zu befördern. Auch sei-
ner Partei geht es letztlich um "Integration" derer, die Gott uns schon beschert hat und die noch kom-
men sollen. Nein, von dieser Partei gesinnungsmäßig absolut keimfreier Schaumschläger ist keine Ret-
tung zu erwarten. (Siehe dazu auch die Zitate weiter unten.)
Trotzdem, und gerade weil sie das Versagen der CDU so klar dokumentiert, ist Merz' Rede ein wichtiges Dokument der Debatte.

Rede des CDU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz bei der Zuwanderungsdebatte des Bundestages am 01.03.2002

"Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren,

wenn es richtig ist, daß dies ein großes Reformwerk, vielleicht sogar das größte Reformwerk der rot-grünen Koalition in dieser Legislaturperiode ist, dann stelle ich mir die Frage  ...  dann stelle ich mir die Frage, warum der Bundesinnenminister gut, zu spät kommt, das kann pas-
sieren
aber warum denn beispielsweise  ...  warum denn beispielsweise der Herr Bundes kanzler, der uns gestern abend von München aus noch kritisiert hat, warum der heute morgen nicht auf der Regierungsbank sitzt, wenn es um dieses große Reformwerk geht.

Meine Damen und Herren, bevor ich auf einige Sachpunkte zu sprechen komme, möchte ich ein  ...  Ja, ich  ...  Herr Präsident, vielleicht kann man die Lautsprecheranlage etwas  ...  Gut
  ...  's is  ...  Ja, ja  ...  Ja, wissen Sie, Sie fangen ja schon an, Zwischenrufe zu machen, bevor ich hier den ersten Satz gesprochen habe, das hat ja auch Methode bei Ihnen, nicht?

Meine Damen und Herren,  ich will einen zweiten  ...   ich will einen zweiten Sachverhalt be-
schreiben, der auffallend ist: Es wird jetzt in diesen letzten Stunden und Tagen immer gesagt, die rot-grüne Koalition sei uns in den wesentlichen Dingen mit diesem Gesetzentwurf entge-
gengekommen. Es sei sozusagen überhaupt nicht mehr möglich, daß wir ablehnen. Dann stell ich doch mal die Gegenfrage: Warum ist es das dritte Reformwerk dieser rot-grünen Koalition, wo nicht mit uns gesprochen wird, sondern wo mit  ...  ja, Entschuldigung, Moment mal, lang-
sam!  ...  wo mit  ...  wo der Herr Bundeskanzler  ...  wo der Herr Bundeskanzler zum Dritten-
mal hintereinander die Minister aus den PDS-regierten Ländern im Kanzleramt empfängt, um über dieses Thema zu sprechen. Ja, meine Damen und Herren, dieser Sachverhalt ist doch nicht ohne Bedeutung  ...  dieser Sachverhalt ist doch nicht ohne Bedeutung: Der Herr Bundes-
kanzler behauptet ständig, die Länderkoalitionen von SPD und PDS seien eine Sache der Länder. In Wahrheit haben die PDS-Minister längst am Kabinettstisch teilgenommen, so wie auch in dieser Woche wieder nachzulesen und nachzusehen war. Sie sind dabei, wenn es darum geht, rot-grüne Gesetze zu machen, meine Damen und Herren. Das ist der eigentliche Tatbestand, über den man doch auch einmal etwas sagen muß.

Und nun will ich Ihnen   ...  Herr Kollege  ...  Herr Kollege Veith, sie haben -- ich rechne damit, daß dies heute im Laufe des Tages mehrfach hintereinander noch passiert, wahrscheinlich werden es alle Redner der Koalition so tun -- die Kollegen Geißler, Süßmuth und Schwarz-Schilling hier in den Zeugenstand gerufen. Dazu will ich Ihnen  ...  dazu will ich Ihnen etwas sagen: Ich will Ihnen sagen, daß es auch uns nicht gefällt und ich mir auch gewünscht hätte, daß den Kollegen  eine Ablehnung,  zumindestens eine Enthaltung heute  möglich gewesen
wär'. Ich bedaure, daß sie sich so entscheiden. Ich respektiere  ...  ich respektiere es trotzdem, und sie werden Ihrem Gesetzentwurf zustimmen. Sie werden zustimmen, ohne daß es Repres-
sionen in unserer Fraktion gegen die Kollegen gibt, sie werden zust...  .  ...  meine Damen und Herren,  ...  ja,  ...   Herr Kollege Veith, ich habe eines  ...  ich habe eines  ...  ich habe eines
in sehr guter Erinnerung, Herr Kollege Veith: Sie haben sich gerade hier hingestellt. Sie gehör-
ten am 16. November   ...  Sie gehörten am 16. November des letzten Jahres zu den Abgeord-
neten im Deutschen Bundestag, die bei der Vertrauensfrage hier gestanden haben und gesagt haben, sie hätten sich von der eigenen Bundesregierung erpreßt gefühlt. Da aus dieser ... aus
 ...  aus dieser Fraktion hat es rund dreißig Abgeordnete gegeben, die erklärt haben, sie hätten bei der Vertrauensfrage dem Bundeskanzler nur zugestimmt, um an der Macht zu bleiben; in der Sache wären sie anderer Auffassung gewesen. Das unterscheidet uns von Ihnen, meine Damen und Herren, das will ich Ihnen mal sagen.

So, und jetzt  ...  jetzt einige Anmerkungen  ...  jetzt einige Anmerkungen zum Verfahren die-
ser Woche, auch dazu eine Anmerkung. Meine Damen und Herren, wir haben  ...  es hat eine zweistündige Diskussion im Innenausschuß des Bundestages gegeben über 140 Änderungs-
anträge. Dann haben Sie einen Schluß der Debatte mit der Geschäftsordnung herbeigeführt, haben alle Anträge von uns abgelehnt, haben alle eigenen Änderungsanträge, die Sie ge-
macht haben, durchgezogen, sind noch nicht mal in der Lage gewesen, die Fristen einzuhal-
ten, die hier eingehalten werden müssen für eine ordnungsgemäße Beratung. Meine Damen und Herren, dieses Gesetz ist konzeptionell und handwerklich ein Gesetz, das keine Zustim-
mung verdient, das sage ich Ihnen.

Und ich will's Ihnen auch in der Sache begründen: Wenn Sie uns hier gesagt hätten, wir müs-
sen  ...  wenn Sie uns hier gesagt hätten, wir müssen eine Beschleunigung der Asylverfahren machen, dann hätten wir zugestimmt. Wenn wir Ihnen gesa...  ...  wenn Sie uns gesagt hätten, daß es beispielsweise darum geht, verfolgten Frauen, solchen, die hier auch in Berlin, in Ein-
richtungen in der Stadt Berlin, betreut werden, weil sie beispielsweise in ihren Herkunftslän-
dern, in Bosnien, auf dem Balkan, anderswo, schlimm verletzt worden sind, vergewaltigt wor-
den sind, wenn es darum gegangen wäre, diesen Frauen einen besseren Status zu geben, dann hätten Sie bei uns Zustimmung gefunden dafür  ...  meine Damen und Herren, Sie hät-
ten Zustimmung gefunden.

Aber das ist  ...  aber das ist nicht  ...   das ist  ...  das ist nicht  ...  nein, nein, das  ...  das weiß ich, Herr Bundesinnenminister, das Ihnen das nicht gefällt, das sind Teile  ...  das sind Teile dieses Gesetzentwurfs, über die wir hätten gerne mit Ihnen reden können. In Wahrheit ist dieses Gesetz aber etwas ganz Anderes. Hier geht es um einen Paradigmenwechsel in der Einwanderung und in die Zuwanderung in die Bundesrepublik Deutschland. Es geht darum,
daß eines der großen Projekte, insbesondere der Grünenpartei im Wahljahr realisiert wird, nämlich der Wechsel hin zu einer multikulturellen Einwanderungsgesellschaft, und dies leh-
nen wir ab, meine Damen und Herren, und das wird auch so bleiben, daß wir das ablehnen ... [
BT-Präsidi um: Kollege Merz, gestatten Sie ... ]  ...  Nein, ich  ...  [ ... eine Zwischenfrage ... ]  ...
 nein, ich will hier keine  ...  [ ...
des Kollegen Veith? ... ]  ...  Nein. Ich bitte darum  ...  ich bitte darum, ich bin durch die Zwischenrufe aus dieser Fraktion schon so aufgehalten worden, ich will das Zün...   ...  Ich will  ...  ja, Entschuldigung, Sie machen 's doch mit  ...  Nein, nein, wis-
sen Sie, Sie beeindrucken mich damit nicht, aber Sie machen's natürlich schon mit System, nicht? Sie machen's mit System. Sie fangen an, bei unseren Rednern systematisch hier zu stören und deswegen  ...  deswegen lassen Sie mich zur Sache noch zwei  ...  deswegen will ich noch zwei Sachverhalte ansprechen.

Meine Damen und Herren, Sie heben mit diesem Gesetz den Anwerbestop auf, den es seit
dem Jahre 1973 in Deutschland gibt. Der Anwerbestop ist 1973 gemacht worden, als ein Bun-
deskanzler Willy Brandt erklärt hat, daß bei einer Aus... ,  bei einer Arbeitslosigkeit von 1,2% nach Deutschland, und einer Ausländerarbeitslosigkeit von 0,8% eine größere Zuwanderung nach Deutschland nicht akzeptiert werden könne. Heute heben Sie diesen Anwerbestop auf, bei einer Arbeitslosigkeit von rund 10% und bei einer Ausländerarbeitslosigkeit von über 20%, meine Damen und Herren. Dieses ist mit dem Anspruch, den Sie stellen: mehr Integration und höhere Beschäftigung, auch gerade von Ausländern in Deutschland zu ermöglichen, nicht zu vereinbaren. Sie lösen kein einziges Problem  ...  Sie lösen kein einziges Problem, Sie ver-
schärfen die Probleme. Sie nehmen in dieses Gesetz eine Härtefallregelung auf, die in Zu-
kunft jedem Innenminister in einem sehr großen Umfang Ermessen einräumt bei der Aufnah-
me zusätzlicher Ausländer in die Bundesrepublik Deutschland, in einem großen Umfang, prak-
tisch ohne jede Limitierung, über die Härtefallregelung.  ...  Über die Härtefallregelung wird eine Begrenzung des Ausländerzuzuges nach Deutschland praktisch nicht mehr möglich sein.

Dritter Punkt, den ich ansprechen möchte. Sie regeln den Familiennachzug neu. Sie regeln
ihn insbesondere neu für diejenigen, die in Deutschland gegenwärtig nur geduldet sind. Über deren Status kann man reden. Aber über den Familiennachzug derer, die nur geduldet sind, eigentlich ausreisen müssen, über den Familiennachzug für etwa 150.000 Geduldete werden Sie nach Deutschland eine höhere Einwanderung in die sozialen Sicherungssysteme in einem sehr großen Umfang ermöglichen, und, meine Damen und Herren, dies lehnen wir ab, weil
die sozialen Sicherungssysteme das in Deutschland nicht verkraften. Sie machen  ...  Sie ma-
chen  ...   Sie machen  ...  eine Regelung über den Kindesnachzug. Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen angeboten, obwohl wir der Meinung waren, daß 6 bis 10 Jahre der richtige Zeitraum ist, wir haben Ihnen angeboten, daß wir uns für 12 Jahre mit Ihnen einigen, wenn
Sie darüber hinaus auf jede andere, weitere Ausnahmeregelung verzichten. Das haben Sie sofort abgelehnt! Weil Sie Ausnahmeregelungen aufgenommen haben, die den Kindesnach-
zug praktisch bis zum 18. Lebensjahr als Regelfall nach Deutschland machen werden. Und deswegen lehnen wir diese Regelung ab, meine Damen und Herren, und es wird auch dabei bleiben, daß wir sie ablehnen.

Und zum Schluß, Herr Bundesinnenminister  ...  zum Schluß, Herr Bundesinnenminister, wir haben hier häufig über Integration gesprochen. Ich will daran erinnern, daß es unsere Frak-
tion war, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die im Januar 1999, vor jetzt mehr als drei Jahren, ein umfassendes Konzept zur Integration der in Deutschland lebenden Ausländer hier im Deutschen Bundestag, damals noch in Bonn, vorgelegt haben. Sie haben diesen Antrag auf Integration und Verbesserung der Integration der in Deutschland lebenden Ausländer sofort abgelehnt. Und daß Sie Integration nicht wirklich wollen, sondern daß ein ganz anderes ge-
sellschaftspolitisches Leitbild hinter diesem Gesetzentwurf steht, den wir hier heute verab-
schieden sollen, das will ich Ihnen an einer einzigen Bestimmung des Gesetzentwurfes deut-
lich machen: Nach zwei Jahren Aufenthalt in Deutschland gibt es nach diesem Gesetzentwurf
ich hab' ihn gestern abend nochmal sehr genau gelesen, §§ 44 und 45 des Gesetzes nach zwei Jahren Aufenthalt   ...  nach zwei Jahren Aufenthalt gibt es für keinen in Deutschland lebenden Ausländer mehr eine gesetzliche Verpflichtung zum Besuch von Integrationskursen. Damit ist jeder Anspruch auf Integration in die deutsche Gesellschaft mit diesem Gesetz aufge-
geben, meine Damen und Herren, und deswegen lehnen wir dieses Gesetz ab.

Und da Sie uns nun  ...  meine Damen und Herren, da Sie uns nun versuchen, mit dem Präsi-
denten des DIHK, mit den Kirchen mit den Arbeitgeberverbänden, mit den Gewerkschaften
und vielen andern hier unter Druck zu setzen: Ich will Ihnen sagen  ...  nein, nein, das  ...  lie-
be Frau Beck, das schmerzt überhaupt nicht. ...  Wir wissen ...  wir wissen, daß die überwie-
gende Mehrheit der deutschen Bevölkerung weltoffen, tolerant, ausländer...    .
..    die    ...  
also ...    diese    ...    meine Damen und Herren, diese Zwischenrufe nehme ich nun wirklich gerne auf. Die deutsche Bevölkerung hat in den letzten Jahrzehnten eine Aufnahmebereit-
schaft und eine Ausländerfreundlichkeit unter Beweis gestellt, wie kein anderes europäisches Land, meine Damen und Herren, wie kein anderes europäisches Land! Alleine  ...  alleine  ...
meine Damen und Herren,  ...   alleine die Stadt Hamburg hat mehr Bürgerkriegsflüchtlinge aufgenommen als ganz Großbritannien ...  Diese Zwischenrufe, die müssen Sie nur noch lau-
ter machen, damit's jeder in Deutschland versteht! Das deutsche Volk ist ausländerfreundlich,

Weltoffen: Angela Merkel läßt sich im Naturaltausch unterweisen (BUNTE)


tolerant und weltoffen, und die Ausnahmen, die
es da gibt,   ... nein, nein  ...  und die Ausnahmen, die es da gibt,   mit rechtsradikalen  Straftaten,
dies beschämt uns und belastet und beschwert
uns alle.  Aber es ist  nicht die deutsche Gesell-
schaft, es ist nicht das  deutsche Volk. Es sind
  ...  die Deutschen sind ausländerfreundlich.
Aber lesen Sie  ...  lesen Sie nach  ...  lesen Sie
nach, Herr Bundesinnenminister, was Stefan Dietrich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung heute schreibt. Er hat völlig Recht. Ein solches Gesetz verdient keine Zustimmung. Ein solches Gesetz verbessert die Integration nicht, sondern verschlechtert sie. Ein solches ...  ein solches Gesetz öffnet eine noch höhere Einwanderung in den Arbeitsmarkt. Bei 4,3 Millionen Arbeitslosen, das völlig falsche Signal zum jetzigen Zeitpunkt!
Und ein solches Gesetz eröffnet noch mehr Zu-
wanderung in die sozialen Sicherungssysteme,
und deswegen lehnen wir es ab, meine Damen
und Herren."





Wie gesagt, diese Rede wird nie in "Dokumente des deutschen Parlamentarismus" erscheinen. Aber
sie dokumentiert doch die Positionen, die hier bezogen waren: die Verbohrtheit, aber auch die üble Trickserei der Linken; die billige Anmache durch Stören gegenüber dem im Augenblick Schwächeren;
die bescheidenen, um nicht zu sagen: läppischen Vorbehalte der CDU/CSU gegenüber dem Gesetz, diesem jüngsten Manifest xenophiler Verblödung. Denn eines wird spätestens hier auch klar: Wenn die Deutschen glauben, die "Volkspartei" CDU stelle sich in letzter Minute tapfer gegen die schon in vollem Gange befindliche schleichende Landnahme durch Fremde, dann wird es ein böses Erwachen werden. Die demographischen Prognosen sind vielversprechend: Um 2040 werden die Deutschen in ihren eige-
nen Großstädten in der Minderheit sein.

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Die Abstimmungsklamotte im Bundesrat - Würdelosigkeit als Kunstform

Es ist schon entlarvend für die geistige und moralische Verfassung aller, ja, aller Parteien, wie die Din-
ge um das Zuwanderungsgesetz so abgelaufen sind: Peinlich durchschaubar die Spiegelfechtereien der CDU, die mit albernen Petitessen nur scheinbar gegen die Massenzuwanderung kämpft, in Wahrheit lediglich dem innenpolitischen Gegner ein paar populistische Prozente abluchsen will. Bestürzend die Art, wie von der Regierungskoalition im Bundestag das Gesetz durchgepeitscht wurde, ohne auf die Ver-
handlungsangebote des Gegners einzugehen, ja unter Mißachtung von Verfahrensvorschriften. Kaum zu begreifen die Kaltschnäuzigkeit, mit der im Bundesrat das Recht gebeugt oder vielmehr, da bin ich mir sicher, gebrochen wurde.

Wirklich nicht zu begreifen? Könnte Rot-Grün eventuell unter Zeitdruck gestanden haben? Die C-Partei-
en entsprechend auf Zeitgewinn gespielt haben? Gewiß – daß die Koalition das Gesetz vor den Bundes-
tagswahlen "durchziehen" wollte, war seit zwei Jahren klar. Aber rechnen wir kurz nach: Am 22. März war die Bundesratsabstimmung, und nur vier Wochen später vernichtete die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt mit dem überwältigenden CDU/FDP-Sieg die rot-grüne Bundesratsmehrheit.
Sonderbares Timing, oder? Sonderbar: ja, überraschend: nein. Sachsen-Anhalt, das war kein Kopf-an-Kopf-Rennen; sondern die Wählergunst kippte zwischen SPD und CDU von 36 : 22 auf unglaubliche
20 : 37. Auch wenn die Umfrageinstitute die volle Wucht des bevorstehenden Bergrutsches bis zuletzt nicht veröffentlichen konnten oder wollten: Der Machtwechsel muß in den Führungsetagen der Parteien längst erkannt gewesen sein. Und das liefert auch eine recht brauchbare Erklärung für den rot-grünen Parforceritt in Sachen Zuwanderungsgesetz.

[Interessieren würde mich ja irgendwie doch, wieso bei den Wählerbefragungen, die ja solche Wahler-
gebnisse immer post festum (oder wie Programmierer manchmal sagen: post mortem) analysieren, offenbar niemand gefragt hat, wieviel Prozent der Wähler sich eben deshalb von Rot-Grün abgewandt haben, weil mit den jüngsten "gesetzgeberischen" Faxen das Maß einfach voll war.
]

Natürlich könnte man sich mit der Hoffnung beruhigen: Irgendwann werden sich schließlich die Mehr-
heitsverhältnisse wieder ändern, und der Wähler wird eine Regierungsmehrheit ins Parlament befördern, die zur Abwechslung einmal alle Tassen im Schrank hat. Womit die Tage dieser legislativen Karikatur namens Zuwanderungsgesetz dann gezählt sein könnten. Ich denke, das wäre eine schlimme Selbst-
täuschung. Denn zwar hat Edmund Stoiber im ersten Zorn angekündigt, das Gesetz zu kippen; ob er sich aber gegen den Opportunismus und die Feigheit der CDU wirklich durchsetzen kann, die bekannt-
lich, sobald das Wort Rassismus auch nur geflüstert wird, sofort von tiefschwarz zu aschgrau erbleicht, das ist mehr als zweifelhaft. Und beim mutmaßlichen Koalitionspartner F.D.P. braucht man sich erst recht keine Illusionen zu machen. Spätestens seit ihrem (dann eiligst zurückgezogenen) Slogan "F.D.P.
 – die Partei der Besserverdienenden" ist die Programmatik dieser Partei 'mit den drei Punkten' klar:
  1. Prinzipien haben wir keine
  2. Unsere Waffe ist die Wurst, unser Ziel die Speckseite
  3. Aber wenn wir Schaden anrichten können, wir tun unser Bestes.

Die Abstimmungsklamotte im Bundesrat verdient es, vom Historiker für die Nachwelt festgehalten und
in den gebührenden zeitgenössischen Rahmen gestellt zu wer den. Denn sie wird – so oder so – Verfas-
sungsgeschichte schreiben. Die Ausgangssituation war also, nachdem das Gesetz erwartungsgemäß den Bundestag passiert hatte, die einer gewissen Unsicherheit hinsichtlich des Abstimmungsverhaltens der Länder mit besonders heterogenen Koalitionen. Alles spitzte sich schließlich auf des Votum des Landes Brandenburg zu, das im Bundesrat ein Stimmengewicht von 4 hat. Eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt, daß die allgemein bekannte Koalitionsvereinbarung von SPD und CDU doch klar festlegte, daß das Land nicht gegen den Willen der CDU zustimmen würde. Nun ja, "Es gilt das gebrochene Wort" sagte Ministerpräsident Stolpe und verhalf der rot-grünen Linken zu ihrem Sieg, von dem ich inständig hoffe, er möge ein Pyrrhussieg gewesen sein. Denn in einem Staat, der statt des Adlers die Banane im Wappen führt, möchte ich nicht gern leben. Hier noch einmal die spannenden Minuten der Abstimmung:


(Die Bundsländer geben nacheinander ihre Stimmen ab.)

Schriftführer: "Brandenburg?"

Arbeitsminister Alwin Ziel (SPD):"Ja."
Innenminister Jörg Schönbohm (CDU):" Nein."
Bundesratspräsident Klaus Wowereit (SPD): "Damit stelle ich fest, daß das Land Brandenburg nicht einheitlich abgestimmt hat. Ich verweise auf Artikel 51, Absatz 3, Satz 2 Grundgesetz. Danach können Stimmen eines Landes nur einheitlich abgegeben werden. Ich frage Herrn Ministerpräsidenten Stolpe, wie das Land Brandenburg abstimmt."
Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD): "Als Ministerpräsident des Landes Brandenburg er-
kläre ich somit Ja."
Schönbohm: "Sie kennen meine Auffassung, Herr Präsident."
Wowereit: "Damit stelle ich fest, daß das Land Brandenburg mit Ja abgestimmt hat."

(Tumulte, Zwischenrufe: "So geht's ja nicht!" "Das ist unmöglich.")

Wowereit: "Herr Ministerpräsident Stolpe hat für Brandenburg erklärt, daß er... , daß das Land Brandenburg mit Ja abstimmt. Das ... Das ist nicht ... Das ist so. Dann geht es weiter mit der Abstimmung."

(Weitere Tumulte und Zwischenrufe, unter anderem vom hessischen MP Roland Koch (CDU), der ab und zu zur Untermalung mit beiden Händen entrüstet auf den Tisch haut)

Wowereit: "Nein. Ich habe bei der zweiten Frage gefragt, ob Herr Ministerpräsident Stolpe für Brandenburg eine Erklärung abgibt. Das hat er gemacht. Und jetzt ist festgestellt .... Ich kann
 ... da Herr ... bitte, bitte sehr, Herr Koch, ich bitte Sie, sich auch zu mäßigen. Ich kann auch Herrn Ministerpräsident Stolpe nochmal fragen, ob das Land noch Erklärungsbedarf hat. Herr Ministerpräsident Stolpe? ... So, dann ist das so festgestellt.
Ich bitte fortzufahren in der Abstimmung ..."

Soweit unsere heutige Lektion in Affenzirkus. Die gesplittete Stimmabgabe durch MP Stolpe (SPD) und Innenminister Schönbohm (CDU) kam nicht wirklich überraschend, schließlich war ja der Vertragsbruch Stolpes eine der bei allen Beteiligten durchgespielten Möglichkeiten. Insofern war dies und auch die von Wowereit gewählte Inszenierung, bei der "Brandenburg" am Ende plötzlich mit Ja gestimmt hatte, vor-
hersehbar. Die zornbebende Empörung der CDU-Minister war also die reinste Clownerie und hat das ohnehin beschädigte Ansehen der deutschen Politiker in der Bevölkerung nicht gehoben.

Die Lage – an sich schon durch das schlimme Deutsch des Gesetzgebers unklar – wird noch verworre-
ner, wenn man die rechtlichen Implikationen bestimmter Details betrachtet: Der miese kleine Verfah-
renstrick der SPD-Truppe: "Lassen wir erstmal die beiden gleichberechtigten Minister ihre konträren Stimmen abgeben, und dann erscheint – deus ex machina – der hierarchisch beiden vorgeordnete Herr Stolpe und spricht das die verlangte Einheit stiftende Machtwort", dieser Trick enthält eine Menge Stoff zum Nachdenken: Wenn die Stimme des Ministerpräsidenten ausreicht, das Land zu vertreten: Welche Bedeutung haben dann die vorhergegangenen Voten von Ziel und Schönbohm? Da sie offenbar stimmbe-
rechtigt sind: Wieso können sie dann plötzlich vom MP weggestimmt werden? Wo steht das?

Oder: Hat Schönbohm beim zweiten Mal mit seinem "Sie kennen meine Auffassung, Herr Präsident"
sein ursprüngliches Nein zurückgenommen? Hätte er nochmals und, nach Wowereits Pfeife tanzend, beliebig oft sein Nein erneuern müssen, damit es nicht verjährt? [Der SPIEGEL (ich weiß nicht, warum die Parteilichkeit dieser Leute so selten durchschaut wird) verbreitet allen Ernstes diesen Blödsinn, Schönbohm habe quasi schweigend sein Veto selbst kassiert.]

Schlimm ist der Dilettantismus der Gesetzgeber in Bund und Ländern, der hier zutage tritt. Dennoch kann man aus ein paar der chimärischen "Sachverhalte", die von interessierter Seite "entdeckt" wurden, mühelos die Luft herauslassen.
Art. 51 des Grundgesetzes 1) sagt zwar einiges. So z.B. daß anwesende Minister einer Landesregie-
rung eo ipso Mitglieder des Bundesrates und also stimmberechtigt sind. Sodann: Die Stimmen können nur einheitlich abgegeben werden. Ende? Nein, der Satz lautet nämlich vollständig: "Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden." Obwohl man stellenweise den Eindruck hat, daß die "Väter des Grundgesetzes" ihr Deutsch
im Crashkurs für "Spätaussiedler" gelernt haben müssen (Rädden Sielber, Schwajgen wie-sakt-man Golt!): Im unterstrichenen Passus schimmert noch die eigentlich intendierte Aussage durch: One man, one vote. Hat ein Land fünf Stimmen, bringt aber nur drei Vertreter mit, so können zwei Stimmen gar nicht abgegeben werden! Und vor allem: Anwesende Kabinettsmitglieder brauchen und können logi-
scherweise nicht vom eigenen Ministerpräsidenten vertreten werden, sondern geben ihre Stimme selbst ab. Also nix mit "Der Herr Ministerpräsident vertritt die restliche Belegschaft". Der Passus läßt so besehen eine Stimmenkumulation gar nicht zu.2) Und nur dann ergibt auch der zunächst einigermaßen erratisch herumstehende Zusatz über die "einheitliche Stimmabgabe" eine Spur von Sinn. Eine Spur ... Leider haben die Dumpfbacken den klärenden Zusatz "Jedes anwesende Mitglied hat eine Stimme; Stimmhäufung ist nicht zulässig" (oder meinetwegen auch sein Gegenteil) schlicht weggelassen. Mit
der Folge, daß man zur Not und weil's ja normalerweise nicht drauf ankommt, die Vorschrift auch als erfüllt ansehen kann, wenn der Herr Ministerpräsident allein erscheint und dann die Stimmen seines Landes a-capella-mäßig vierstimmig abgibt.

Und das hat gar nichts mit der von Rot-Grün so gehätschelten Außenvertretungsthese zu tun. Gewiß: Der Ministerpräsident vertritt das Land nach außen, sagt die brandenburgische Landesverfassung.
Erster Punkt: was ist "außen"? Doch wohl nicht die zweite Kammer des deutschen Parlaments, in der Brandenburg Sitz und Stimme hat. Denn die Bundesrepublik Deutschland ist kein Staatenbund (wie
etwa der Deutsche Bund von 1815), sondern ein Föderativstaat, in dem die Länder nicht Mitglieder, son-
dern Teile sind. Das kann man so oder ähnlich in jedem Lehrbuch des deutschen Staatsrechtes nach-
lesen. Der Begriff des "außen" macht hier also etwa soviel Sinn wie "cool, eyh" oder "zinslos". Im Ge-
gensatz zu Bobbele hat Genosse Stolpe keine Wahl: Er ist drin.
Zweiter Punkt: Im Bundesrat herrscht Bundesrecht, nicht Länderrecht. Selbst wenn die Außenvertre-
tungsthese hier anwendbar wäre [und sie wird ja von etlichen führenden Juristen (die sich trotzdem im-
mer noch selbst für voll nehmen ... ) eifrig als Beleg für die Korrektheit des Abstimmungsverfahrens benutzt]: In Wirklichkeit ist dieser Sachverhalt hier ganz unwichtig: Der Ministerpräsident kann, so er möchte, auch sein Badezimmer als "außen" deklarieren und dortselbst dann das Land Brandenburg alleinvertreten: Im Bundesrat jedoch haben, so sagt es das Grundgesetz, seine anwesenden Minister Sitz und Stimme. Heißt auf Deutsch: Schönbohms Votum kann durch nichts und niemand (außer ihm selbst) annulliert werden.

Es ist schon einigermaßen verblüffend: Das Land Brandenburg (und wer weiß wie viele andere auch)
hat keinerlei Vorsorge getroffen, um die erforderliche Einheitlichkeit der Stimmabgabe zu gewährleisten. Da die Bundesratsmitglieder nicht gewählte Abgeordnete, sondern Delegierte ihrer Regierung sind, gilt
für sie der Gewissensvorbehalt nicht unbedingt: Sie könnten auf der Grundlage eines entsprechenden Landesgesetzes an Weisungen gebunden werden. Nun ist aber in Brandenburg ein gesetzlich geregel-
tes Weisungsverfahren beim besten Willen nicht zu entdecken: Eins zu null für Schönbohm, würde ich sagen.

Damit kommen wir zum eigentlich Haarsträubenden: Das Grundgesetz trifft keinerlei Vorsorge für den Fall, daß die Burschen sich nicht einig sind (wie jetzt geschehen). Bei jeder mündlichen Abiturprüfung sind die Abstimmungsmodalitäten im Ausschuß bis ins kleinste Detail festgelegt, alle denkbaren Vari-
anten berücksichtigt, da ja schließlich justiziable Tatbestände schaffend. Hinsichtlich der Abstimmun-
gen des Bundesrates jedoch, immerhin der zweiten gesetzgebenden Kammer des deutschen Parla-
ments, war wieder einmal Murks angesagt. Das Schweigen des Grundgesetzes dazu, wie denn nun die Einheitlichkeit herzustellen sei, könnte man ja noch so auslegen, daß der Modus den einzelnen Län-
dern überlassen ist: Mehrheitsprinzip, Machtwort des MP oder was auch immer. Aber die Frage, was denn nun im Falle eines geteilten Votums vor Ort, im Bundesrat, zu geschehen hat, ist von Länderseite gar nicht zu beantworten, sie fällt in die Bundeskompetenz. Und hier herrscht legislativ das blanke Hei-
deggersche Nichts und nichtet vor sich hin. Erstaunlich, daß eine so dilettantische Verfahrensregelung, eine Peinlichkeit für die Vereinssatzung jedes Kegelclubs, über fünfzig Jahre lang Verfassungsrang ha-
ben konnte.

Machen wir's kurz: Obwohl der Art. 51 nichts zu der Eventualität sagt, daß ein Land überhaupt keinen Vertreter entsendet, ist doch ganz klar, daß die Beschlußfähigkeit des Bundesrates durch Abwesenheit von Mitgliedern nicht tangiert ist, jedenfalls so lange nicht, wie die erforderliche "Mehrheit seiner Mit-
glieder" gegeben ist. Und trotz der Stammelsprache des Gesetzgebers ist es ebenso klar, daß auch im Bundesrat implizite die Möglichkeit des ungültigen Votums besteht, wie bei jeder ordentlichen Abstim-
mung: Stimmt ein Land nicht mit der vorgeschriebenen Einheitlichkeit, so ist seine Stimme ungültig, und das war's dann, Genossen. Das Herumgekaspere von Wowereit und Stolpe, so nach der Devise "L'Etat, c'est Moi", unterstreicht jedoch angemessen den Unernst der Situation.

An der Verfassungswidrigkeit dieser Abstimmung kann also gar kein Zweifel bestehen. Umso erschrek-
kender die Inkompetenz, bzw. die parteigebundene Ignoranz derjenigen Verfassungsrechtler, die sich die passende Hilfsthese "Im Zweifelsfalle entscheidet das Votum des Ministerpräsidenten" schlicht aus der Luft gegriffen haben. Das läßt Schlimmes für ein eventuelles Urteil des Bundesverfassungsgerichtes ahnen.3)


Unsere Politiker am Arbeitsplatz: auf dem Strich

Das niederschmetterndste Ergebnis dieser Affäre – das wird heute von vielen noch gar nicht begriffen –
ist aber die hier zutage getretene Vernuttung der deutschen Parteipolitik. Wie ist es möglich, daß ein Ministerpräsident einen rechtsgültigen Koalitionsvertrag bewußt brechen kann, ohne aus Ehrgefühl oder unter dem Druck öf fentlicher Entrüstung sofort zurückzutreten? Natürlich wer noch (aus den frühen Neunzigern) die schmuddelige Geschichte um Stolpes bis heute nicht wirklich geklärte Verbindungen
zur Stasi in Erinnerung hat, der ist nicht überrascht, daß dieser reinblütige Vertreter seiner Zunft wegen solcher Lappalien über Rücktritt noch nicht einmal nachdenkt.

Und sein tragischer Widerpart, der düpierte Koalitionspartner Schönbohm, dem die Gewissensqual so richtig telegen ins Gesicht gefurcht war? Nur mit äußerster Selbstüberwindung und nur aus zutiefst empfundener  Verantwortung gegenüber  seinem Land und  dem deutschen Volk – PDS ad portas!!! – brachte er es, binnen Minuten, über sich, die Koalition mit der vertragsbrüchigen SPD fortzusetzen.
Oder, wie es so schön hieß, "einen Neuanfang zu ermöglichen". Was für ein Neuanfang soll das sein? Ein Neuanfang nach der Devise "Pack schlägt sich, Pack verträgt sich", oder? Und genau das markiert einen neuen Tiefpunkt in der deutschen Parteiengeschichte, schlimmer als all die Spendenaffären. Denn hier ist ein zentrales Tabu verletzt wor den: Die Ehrenhaftigkeit in der Vertragstreue und in der Sanktion des Wortbruches – mit ein paar läppischen Phrasen entsorgt. Wort- und Treubruch lassen dem ehren-
haften Politiker nur eine Wahl: aufstehen und gehen. Aber dergleichen hatte keiner von beiden im Reper-
toire. Wahrlich, hier haben sich zwei gesucht und gefunden. Würdige Vertreter eines Systems namens Parteienstaat. Denn machen wir uns nichts vor: Die Charaktermasken sind austauschbar; die Parteien bleiben, was sie sind. Und wo sie sind, nämlich an der Macht, an den Pfründen.

(Wie anders der damalige SPD-Bundeskanzler Willy Brandt! Bei allem – bis heute andauernden – Zorn über seine unterwürfige Ostpolitik von 1970 und besonders den törichten Warschauer Kniefall: Er war dennoch ein Mann mit persönlicher Ehre im Leib: Als er sich in der Guillaume-Affäre bloßgestellt sah,
trat er zurück. Heute heißt das: "Ich übernehme selbstverständlich die politische Verantwortung, – wo waren wir gerade stehengeblieben?")


Und der Bundespräsident? Er könnte durch Verweigerung seiner Unterschrift (Ausfertigungsprivileg)
dem beschämenden Schauspiel ein Ende bereiten. Die Achtung vor dem Amt (nicht vor der politischen Person) verbietet es mir, hier in die Details einzutreten. Aber es würde mein Bild vom Bonn-Berliner System der Parteienherrschaft über den Staat ernstlich ins Wanken bringen, wenn Johannes Rau die Kraft fände, sich hier seiner eigenen Partei zu versagen, bzw. die Achtung vor dem Gesetz über sein eigenes ideologisches Interesse zu stellen.

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Was Systempolitiker so daherreden

Die Debatte um die Zuwanderung ist so alt wie diese selbst. Als zu Beginn der sechziger Jahre in der Bundesrepublik Vollbeschäftigung herrschte, begann die Industrie logischerweise damit, ihren Arbeits-
kräftebedarf im Ausland zu decken. Als die Konjunktur dann abflaute, erließ die Bundesregierung 1973 den ersten Anwerbestop für ausländische Arbeitskräfte. Aber sowohl die Politiker als auch die Unter-
nehmen "vergaßen", die nun nicht mehr benötigten Gastarbeiter wieder heimzuschicken. Das sind so
die Manifestationen von politischem Weitblick und Verantwortungsgefühl, derentwegen die Politiker der Parteiendemokratie wie die Unternehmer so geachtet sind, nicht? Halten wir immerhin fest: Diese erste Generation von Immigranten kam auf Einladung, und daß sie blieben, sollte man ihnen nicht vorwerfen. Zumal es ja ganz überwiegend tüchtige Leute waren.

In den ersten Jahren der Zuwanderung, als es noch gar keine echte Arbeitslosigkeit gab, konnte man noch mit einem gewissen Recht von irrationalen Überfremdungsängsten der Deutschen sprechen. Doch auch damals schon bedienten die Parteipolitiker diese Klientel mit der Parole "Das Boot ist voll!", und dabei muß es richtig geschnalzt haben, wenn sie sich gegenseitig zublinzelten. Dieses entspannte Verhältnis zu dem, was die deutsche Bevölkerung eigentlich wollte oder vielmehr gerade nicht wollte, änderte sich auch dann nicht, als einerseits die Arbeitslosigkeit und andererseits der parasitäre Charak-
ter der Massenzuwanderung unübersehbar wurden.

Mittels der nachfolgenden Zitatensammlung wollen wir deshalb eine weitere Eigenschaft der Spezies kennlernen, die ich als "Systempolitiker" bezeichne: ihre Prinzipienfestigkeit: Gesagt, getan! Ein Mann, ein Wort! Laßt Taten sprechen! Und so weiter. Wie man im folgenden sehen kann, waren es nicht nur CDU-Politiker, die schon früh deutliche Warnungen aussprachen und Abhilfe in Aussicht stellten; auch die SPD sah eine Zeitlang den Ernst der Lage. (Natürlich fand dort, auf der Linken, der ideologische Umschwung zeitgleich mit der Großen Verdummung von 1968 statt. Generationenwechsel eben ... )
Nun scheint aber das Erfassen von Problemen allein schon eine außerordentlich anstrengende Tätigkeit zu sein. Jedenfalls lassen die parallel dazu unaufhaltsam ansteigenden Ausländerzahlen nur einen Schluß zu: chronische Problemerfassungserschöpfung bei allen Beteiligten. Oder sollte da etwa das schlichte demokratisch-wahltaktische Münchhausen-Syndrom (grandiloquentia communis) im Spiele gewesen sein?


Die nachfolgende Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Wo kommen die ganzen Tomaten her, Geißler?!
Vorhang! Vorhang! Um Gottes willen, schnell Vorhang!
1965

1.172 Mio

"Die Heranziehung von noch mehr ausländischen Arbeits-kräften stößt auf Grenzen. Nicht zuletzt führt sie zu weiteren Kostensteigerungen und zusätzlicher Belastung unserer Zahlungsbilanz." Ludwig Erhard (CDU), Bundeskanzler
1972

3,527 Mio

"Es ist aber notwendig geworden, daß wir sehr sorgsam überlegen, wo die Aufnahmefähigkeit unserer Gesellschaft erschöpft ist und wo soziale Vernunft und Verantwortung Halt gebieten." Willy Brandt (SPD), Bundeskanzler
1975

4,090 Mio

"Beim Zuzug von Gastarbeiterangehörigen ist die zulässige Grenze inzwischen erreicht und in manchen Fällen schon überschritten." Helmut Schmidt (SPD), Bundeskanzler
1981

4,630 Mio

"Unsere Möglichkeiten, Ausländer aufzunehmen, sind er-
schöpft ... Übersteigt der Ausländeranteil die Zehn-Prozent-Marke, dann wird jedes Volk rebellisch."
Heinz Kühn (SPD), Ausländerbeauftragter
1981 "Wir können nicht noch mehr Ausländer verdauen. Das gibt Mord und Totschlag." Helmut Schmidt (SPD), Bundeskanzler
1981 "Mir kommt kein Türke mehr über die Grenze." Helmut Schmidt (SPD), Bundeskanzler
1982

4,667 Mio

"Die Rückkehr der Ausländer in ihre Heimat darf nicht die Aus-
nahme, sondern muß die Regel sein. Es ist nicht unmoralisch zu fordern, daß der uns verbliebene Rest Deutschlands in er-
ster Linie den Deutschen vorbehalten bleibt."
Alfred Dregger (CDU), MdB
1983

4,535 Mio

Bundeskanzler Helmut Kohl hat darauf hingewiesen, daß der Zuzugsstop für ausländische Arbeitnehmer nicht genüge. Dar-
über hinaus muß nach den Worten des Kanzlers ein erheb-
licher Teil der rund zwei Millionen in der Bundesrepublik leben-
den Türken in ihre Heimat zurückkehren. (Meldung AP)
Helmut Kohl (CDU), Bundeskanzler
1983 Kohl und Strauß waren sich darin einig, daß der Ausländer-
anteil in den nächsten zehn Jahren halbiert werden soll. (Die Welt)
Helmut Kohl (CDU), Bundeskanzler
1997

7,366 Mio

"Im Jahr 1995 wanderten 720.000 Personen in die USA ein, nach Deutschland kamen 1,1 Millionen Menschen. Ich sehe es auf lange Sicht mehr als eine Chance denn als eine Belastung." Helmut Kohl (CDU), Bundeskanzler
1998

7,320 Mio

Die Bonner Koalitionspartner CDU und FDP haben die von der CSU angekündigte härtere Gangart in der Ausländerpolitik hef-
tig kritisiert. ... Der CDU-Vorstand habe "aus guten Gründen" die Übernahme des von der CSU geprägten Satzes "Deutsch-
land ist kein Einwanderungsland" ins Wahlkampfprogramm abgelehnt. (Berliner Morgenpost)
Heiner Geißler (CDU), MdB, ehem. Generalsekretär
1998 "Wir haben 7,2 Millionen Ausländer hier. Im Lauf der nächsten Jahre werden ein bis zwei Millionen die deutsche Staatsbür-
gerschaft bekommen. Und wenn die zu 90 Prozent SPD oder Grüne wählen, dann ist das ... für die CDU ein schweres Handicap." (Playboy-Interview)
Heiner Geißler (CDU), MdB, ehem. Generalsekretär
2002

7,3 Mio (ohne Einbürg.)

"Frau Merkel, gibt es zu viele Ausländer in Deutschland?"
"Nein. Aber es gibt große Probleme, die wir dringend lösen müssen. Es muß überlegt werden, welche Form der Zuwan-
derung wir in den künftigen Jahren überhaupt wollen. ... Ganz wichtig ist dabei auch, daß wir die Integration der hier schon lebenden Ausländer verbessern." (BUNTE-Interview)
Angela Merkel (CDU), Bundesvorsitzende

Pluralismus oder totalitäres Wahrheitsmonopol?

Beim Zusammenstellen dieser Zitatensammlung habe ich – mir der Tragweite meines Handelns voll bewußt und sozusagen mit unbedingtem Eventualvorsatz handelnd – mehrere Tabus gebrochen. Das schlimmste von allen ist sicher: Die Zitate stammen großenteils von einem Website der "rechtsradi-
kalen" Republikaner und z.T. von dem der ebenfalls rechtslastigen Wochenzeitschrift "Junge Freiheit". Letztere habe ich noch nie in Händen gehalten, aber wenn ich richtig vermute, siedelt sie sich irgend-
wo in der Nähe der rechtsintellektuellen "Nouvelle Droite" an, die in Frankreich ein gewisses Ansehen genießt, und in der Autorenliste finden sich auch einige gute Namen. Ohne sie wirklich zu kennen, ge-
schweige denn zu mögen, empfehle ich die Publikationen dieser Sites 4) allen denen, die etwas gegen intellektuelle Entmündigung haben, sich lieber ein eigenes Bild von den Dingen machen. Wieso das?

Irgendwann, so mit 25, sagte ich mir: Na schön, Hitler hatte ein Bett; aber muß ich deshalb wirklich auf der Hühnerstange schlafen? Soll heißen: Wenn etwas richtig oder zweckmäßig ist, spielt es keine Rol-
le, von wem es ist. Das unterscheidet mich heute wie vor 35 Jahren von den Esoterikern der Achtund-
sechzigerbewegung. Mein Gott, dieses törichte neomarxistische Geschwätz vom Entstehungs- und Verwendungszusammenhang des Wissens, vom klassengeleiteten Erkenntnisinteresse, was für ein Stuß! Viel dümmer war Philipp Lenards "Deutsche Physik" auch nicht.

Diese Einstellung ('kritisch' hat was mit dem eigenen Urteilsvermögen zu tun) ist mit ein Grund dafür,
daß ich meine Argumente und Belegmaterialien eklektisch dort nehme, wo ich sie finde. In diesem
Falle also bei den Reps oder sonstwem. Ohne diese Informationen wäre ich z.B. nie auf die Vermutung gekommen, in welchem Ausmaß die deutsche Öffentlichkeit über das Thema Ausländerkriminalität belogen wird.

Ein weiterer Grund ist die "antifaschistische" Bigotterie nicht nur der deutschen Linken – dieses lächer-
lich erstarrte Ritual, der inhaltlichen Argumentation auszuweichen, indem man den Gegner einfach der Nähe zum Nationalsozialismus bezichtigt. [Zur Illustration nur ein Beispiel: Viele Deutsche waren von der sogenannten "modernen Kunst" der Nachkriegszeit befremdet bzw. abgestoßen, konn-
ten mit abstrakter Malerei und Plastik, atonaler Musik nichts anfangen. Zugegeben: Wer mit Caspar David Friedrich, Liszts Liebestraum oder dem Musikantenstadl das Non plus ultra der Ästhetik erreicht sieht, den wird man wohl als unbedarft einstufen dürfen. Unbedarft, nicht nazistisch! Aber im Gegensatz zu all den Schickimickis, die bei Jackson Pollock, Penderecki, Stockhausen oder Christo wie auf Kommando mit einem ersterbenden "Man fühlt sich so un-
glaublich verortet!" in Trance fallen, werden die reaktionären Gegner dieser zum Teil doch pathologischen Moderne mit einem pauschalen Faschismusverdacht überzogen, seit Jahr-
zehnten.
Kein Feuilleton zu diesem Thema ohne die unvermeidliche Goebbelssche Bücher-
verbrennung, die Ausstellung 'Entartete Kunst', Arno Brekers zyklopische Olympiastatuen von 1936. Und schließlich die Leichenhaufen von Buchenwald oder Majdanek. Danach weiß dann jeder, was er von Gegnern moderner Kunst zu halten hat. Obwohl doch in der Sache selbst
gar nicht argumentiert wurde. Diese 'antifaschistische' Verkürzung der Diskussion habe ich dauerhaft übelgenommen. Und das ist wie gesagt nur ein Beispiel von Hunderten.
]

Es ist also nicht innere Sympathie, sondern Pragmatismus und mein allzu Voltairesches Verständnis
von Toleranz, die mich dazu bringen, die mafiosen Spielchen der antifaschistischen Erbpächter der Ver-
nunft zu hintertreiben, aus der Mauer linker Hybris um das Ghetto, in dem die "Rechtsradikalen" einge-
schlossen bleiben sollen, ein Stückchen herauszubrechen. Ich weiß sehr wohl, daß diese Leute irgend-
wo Defizite haben, die einer Diskussion Grenzen ziehen. Ob Reps, DVU, NPD oder sonstwas aus der Szene, ich kenne nicht eine Textstelle, die belegt, daß sie den pathologischen, verbrecherischen Cha-
rakter des Hitlerregimes begriffen hätten.

Andererseits ist da der riesige Bereich der unterschiedlichen Wertpositionen, der Bereich also, wo nicht Faktum gegen Faktum, sondern Deutung gegen Deutung steht. In der Bewertung des alliierten Bomben-
krieges, des Massenmordes an deutschen Gefangenen auf den Rheinauen, der Vertreibungsgreuel an den Ostdeutschen, der EU-Politik und eben auch der Zuwanderung – um nur einiges zu nennen – liegt die Linke falsch und die Rechte richtig. Aber um Falsch oder Richtig geht es mir hier nicht, sondern darum, den totalitären Charakter jedes Wahrheitsmonopols (und der unweigerlich daraus resultierenden Aussperrung des 'Feindes' aus dem angeblich so rationalen Diskurs) als solchen zu entlarven. Seit mehr als vierzig Jahren gibt es in der Politik wenig Dinge, die mich mehr in Wut versetzen als das von der marxistischen Linken reklamierte und mit der ewigen Faschismusbezichtigung untermauerte Deutungs- und Bewertungsmonopol.

Ich geb's ja gern zu: Bis zum heutigen Tage genieße ich es – nicht nur in der Ausländerkontroverse – durchaus, wenn so'ne linke Dumpfbacke sich aufplustert und mir mit dem Killerargument "Sie sind ja ein Faschist" den Todesstoß versetzt, und ich erhebe mich dann, klopfe den Staub ab und antworte lässig: "Na und?"

Nebenbei bemerkt, ich kenne keinen einzigen Republikaner persönlich. Andererseits ist es mir über-
haupt nicht peinlich, daß ich einige NPD-Kader der älteren Generation [also aus der Frühzeit, bevor die-
se Partei sich das abstoßende Image von heute zulegte,] von der Uni her gut kannte. Prima Jungens,
die meisten, wenn auch ein bißchen völkisch verbiestert ... Doch davon vielleicht ein andermal mehr.

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1) Für die, die gerade kein Exemplar des Grundgesetzes zur Hand haben, hier der Artikel 51 im Wortlaut:

[Zusammensetzung des Bundesrates]
(1) Der Bundesrat besteht aus Mitgliedern der Regierungen der Länder, die sie bestellen und abberufen. Sie können durch andere Mitglieder ihrer Regierungen vertreten werden.
(2) Jedes Land hat mindestens drei Stimmen, Länder mit mehr als zwei Millionen Einwohnern haben vier, Länder mit mehr als sechs Millionen Einwohnern fünf, Länder mit mehr als sieben Millionen Einwohnern haben sechs Stimmen.
(3) Jedes Land kann so viele Mitglieder entsenden, wie es Stimmen hat. Die Stimmen eines Landes können nur einheitlich und nur durch anwesende Mitglieder oder deren Vertreter abgegeben werden.

2) Es sollte mich nicht wundern, wenn die Hälfte aller Bundesratsbeschlüsse der Vergangenheit dies bezüglich nach der Methode Pi-mal-Daumen verfassungswidrig zustandegekommen wäre, nämlich per Stimmhäufung auf solo abstimmende Ministerpräsidenten.

3) Unsere wackeren Verfassungshüter haben es doch tatsächlich mit ihrem Urteil zum Bosnieneinsatz 1994 fertiggebracht, den GG-Artikel 87a (Er verbietet Bundeswehreinsätze im Ausland, außer im Verteidigungsfall) außer Geltung zu setzen mit der Begründung, seine Anwendung beeinträchtige die Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik. So, als habe die Bündnisfähigkeit (oder der Autoexport oder die Haarfarbe des Kanzlers oder ... ) so etwas wie Verfassungsrang.

4) Die Zitate bzw. Hinweise stammen von:
www.rep.de oder www.der-republikaner.de
www.jf-archiv.de (Die obenerwähnte Zeitschrift "Junge Freiheit")
www.konservativ.de

Wo die Sachinformation bei den Rechten aufhört und wo die Gesinnung und z.T. auch die unwissenschaftliche Tatsachenverdrehung [Kriegsschuldfrage, Auschwitz] anfängt, das muß jeder für sich herausfinden. In jedem Falle findet man dort viele Informationen, die in der veröffentlichten Meinung totgeschwiegen werden. So kann man sich beim Thema "Kriegsverbrecherprozesse" ausgiebig darüber wundern, was alles Kriegsverbrechen war, vorausgesetzt, es wurde von deutschen Soldaten begangen. [Jetzt gerade >Friedrich Engel (93), etwas zurückliegend >Erich Priebke (88)]. Oder in welchem Ausmaß bei uns Gesinnungsstrafrecht eingesetzt wird, um eine unerwünschte Diskussion des Auschwitzkomplexes zu verhindern.